Fred Endrikat, Dichter, Kabarettist und Lyriker

Fred Endrikat, Dichter, Kabarettist und Lyriker

Man hätte

Man hätte dieses oder jenes unternehmen sollen,
so fängt man über, unter, an und mit sich selbst zu grollen.
Man schleift sich herzlos sozusagen vor ein Selbstgericht
und hört zerknirscht, was innen der gestrenge Richter spricht.
Man stellt sich schuldbewußt halb opti- und halb pessimistisch
und zwecks Entschuldigung sogar ein bißchen fatalistisch.
Man faßt sich an den Kopf und sucht nach jenem dicken Brette.
Man hätte.

Man hätte dieses oder jenes unterlassen sollen.
»Nun ist’s zu spät,« hört man von innen eine Stimme grollen.
Man nimmt sich furchtbar ernst, beschuldigt und beleidigt sich.
Man lacht sich wieder aus, entschuldigt und verteidigt sich.
In diesem Augenblick ringt man noch über sich die Hände.
Im folgenden Moment sieht man schon ein ganz gutes Ende.
So streiten sich das Gute und das Böse um die Wette.
Man hätte.

Man hätte dieses oder jenes morgen zu besorgen,
verschiebt es aber heimlich schon auf übermorgen.
Solch stille Einkehr, die ist manchmal wirklich wunderlich,
denn wenn man in sich geht, dann ist man meistens außer sich.
Auf einer Seite hört man das Gewissen beißend grollen,
und andrerseits hört man den Trost: Es hat so kommen sollen.
Zum Schlusse geht man mit sich selbst dann halb und halb zu Bette.
Man hätte.

Fred Endrikat